
Weltanschauung
Brauchtum und Religion
Anpassung und Kenntnis der Natur im andinen Hochland.
Bräuche und Riten
Das Ritual der Aymara-Indianer trennt die Bereiche „Brauchtum“ und „Religion“ streng voneinander. Damit wird das Bewusstsein darüber ausgedrückt, dass die Weltanschauung der Aymara sich aus einem autochthonen und einem christlichen Bestandteil (der später dazukam) zusammensetzt und heute ein einheitliches religiöses System bildet. Man kann hier von einem Synkretismus sprechen, der autochthone Bräuche und Bräuche anderen Ursprungs (in diesem Fall Spaniens) miteinander verwebt und integriert. Daher wäre es nicht sinnvoll, ihn in seine Bestandteile zu zerlegen. Klar ersichtlich wird dieser Synkretismus bei den Festen der Schutzpatrone, der Feier der Osterwoche und bei Allerseelen. Alle Gemeinschaftsfeiern werden in der Kirche und auf dem Friedhof von einem katholischen Priester oder seinem Vertreter zelebriert. Die katholischen Sakramente – Taufe, Firmung, Beichte, Eucharistie, Ehe und letzte Ölung – sind Teil der „Religion“ der Aymara. Lediglich drei von ihnen werden jedoch als notwendiger Teil des „Brauchtums“ der Aymara angesehen: die Taufe, die Eheschließung und die letzte Ölung.
Legenden
Wie für andere Kulturen auch, ist die mündliche Überlieferung, das persönliche Erzählen von Geschichten, für die Aymara ein Instrument, mit dem Eltern und Großeltern ihren Kindern und Enkeln die Welt erklären. In den Legenden der Aymara spielen die Natur und das Leben in freier Wildbahn, in friedlicher Koexistenz mit den Menschen, eine beherrschende Rolle. Beide sind mit dem Gemeinschaftsleben des Volkes verwoben und bilden die Basis für die Ordnungsprinzipien in der Weltanschauung der Aymara: Dualität, Komplementarität und Gegenseitigkeit.
Man kann die Weltanschauung der Aymara-Indianer, so komplex sie auch erscheinen mag, anhand eines sehr einfachen Grundsatzes verstehen: Anpassung an und Kenntnis der Natur im andinen Hochland. Das Motiv für die Ordnungsprinzipien des Universums der Aymara (Dualität, Komplementarität, Gegenseitigkeit) liegt in ihren so unterschiedlichen Lebensräume begründet: Es geht, letztlich, um die religiöse Verklärung der natürlichen Umwelt. Für die Aymara ist alles dual: Mann/Frau, Tag/Nacht, oben/unten – doch kämpfen die Gegensätze nicht gegeneinander um die Vormacht, sondern ergänzen sich. Sie sind Teil eines großen Ganzen, und ohne den Einen gibt es den Anderen nicht. Die Gegensatzpaare können sich zu drei Konstellationen auffächern: Mann, Frau oder Mann und Frau. Alle Gegensätze ergänzen sich also und bieten drei alternative Stellungen an. Auch das Universum ist derart in drei sich ergänzende Räume aufgeteilt: Arajpacha: Die „Erde“ da oben, der Himmel; die Bewahrung des idealen Kosmos Akapacha: Die Erde hier, auf der die Aymara leben, dazu gehören die Pachamama, die Mallku und der Amaru; die Bewahrung der Kultur, das Gleichgewicht Manqhapacha: Die „Erde“ im Innern, unten; zerstörende Kräfte. Bewahrung des Chaos Die Aymara teilen ihre Zeit in zyklische Perioden ein, die den natürlichen Zyklen ihrer Umwelt entsprechen: das Sonnenjahr, die Jahreszeiten und der Zyklus des menschlichen Lebens. Auf dieser Basis baut der Zyklus der Arbeits- und Feiertage auf.
Musik
Der musikalische Reichtum der andinen Völker, in diesem Fall der Aymara, hat seinen Ursprung in den alten Kulturen dieser Region. Am stärksten ist der Einfluss der bolivianischen Volksmusik, denn hier lebt der Großteil der Aymara-Indianer. Ihre Musik hat im Laufe der Zeit andere Instrumente integriert, die sie bereichert und ihr den unverwechselbaren Klang verliehen haben, der weltweit bekannt ist.
Weltanschauung
ACHACHILA
Schutzgott, Vormund der Aymara
AKA PACHA
Raum, in dem alle Lebewesen leben, sich fortpflanzen und sterben
AMARU
Schlange. Symbol für die Geister, die für die Verteilung des Wassers zuständig sind. Wird mit Flüssen und Bewässerungskanälen in Verbindung gebracht
ANATA
Karneval
APTHAPI
Gemeinsame Mahlzeit oder Beitrag dazu
ARAJ PACHA
Die „obere Pacha“, d.h. der Himmelsraum. Hier befinden sich Tata Inti, Phaxsi, die Sterne und Konstellationen wie Qutu, Aru-Aru und Chakana
ARU-ARU
Sternkonstellation „Drei Marien“. Repräsentiert das Rotationsprinzip für Pflichten im Rahmen der Mit’a (obligatorischer Dienst für die Gemeinschaft). Diese Gemeinschaftsdienste bestehen im Allgemeinen aus Beiträgen und öffentlichen Dienstleistungen für die Entwicklung der Marka (des Dorfes)
AYLLU
Gemeinschaft, Gruppe von Familien, in der sich der größte Teil der sozialen, politischen, wirtschaftlichen und religiösen Aktivitäten abspielt. In dieser Organisation taucht auch das Prinzip der Komplementarität wieder auf, zum Beispiel zwischen dem Janan Saya (dem „oberen Besitztum“) und dem Jurin Saya (dem „unteren Besitztum“). Diese Konzepte entsprechen jeweils den männlichen und weiblichen Domänen
AYNI
Prinzip der Gegenseitigkeit, gegenseitige Hilfe. Gilt sowohl für den Bereich der Arbeit als auch für den Austausch von Geschenken
CH’ALLA
Besprengung des Bodens mit Alkoholtropfen zu Ehren der Pachamama
CHAKANA
Das andine Kreuz. Repräsentiert die sozioökonomische und politische Organisation des Tawantinsuyu, das sich aus den verschiedenen Ayllu zusammensetzt. Am Himmelszelt entspricht Chakana der Sternkonstellation „Kreuz des Südens“
CHUQU
Solidarische Arbeit, eine der Formen gegenseitiger Hilfe
INTI
Sonnengott, auch Tata Inti genannt, Partner von Phaxsi (Mond). Inti repräsentiert das männliche Prinzip, Phaxsi das weibliche
KUKA
Koka
MACHAQ MARA
Das Neujahr der Aymara am 21. Juni. Gefeiert wird die Geburt einer neuen Sonne
MALLKU
Die Schutzgeister der Aymara. Die Mallku sind Geister, die an einen Ort gebunden sind, weshalb jede Gemeinschaft ihre eigenen besitzt. Im Allgemeinen leben sie auf den hohen, verschneiten Berggipfeln
MANQHA PACHA
Die Manqha Pacha gehört zur Sphäre des Erdinneren, wo viele der Geister wohnen, die mit dem Bösen assoziiert werden
MARKA
Dorf
MINK’A
Vertretung für einen anderen
MIT’A
Pflichtdienst
PACHAMAMA
Mutter Erde, die wichtigste feminine Gottheit der Aymara
PHAXSI
Der Mond. Gemeinsam mit Inti bilden die beiden ein göttliches Paar, bei dem Phaxsi die weibliche und Inti die männliche Gottheit repräsentiert
PHAYNA
Blitzschnelle Arbeit
QUTU
Sternkonstellation der Plejaden (Siebengestirn), die die Prinzipien der Einheit und Gleichheit des Aymara-Volkes repräsentiert. Diese Prinzipien sind zum Beispiel erkennbar in der Gegenseitigkeit oder Ayni, der Gemeinschaftsarbeit oder Mink’a und der solidarischen Arbeit oder Chuqu
SUMA QAMAÑA
Harmonisches Zusammenleben und Wohlstand in jeder Familie
T’ALLA
Schutzgeister. Im Gegensatz zu den Mallku repäsentieren sie das weibliche Prinzip
TAMA
Familiäre Organisation
WILANCHA
Tieropfer, das der Pachamama und den Achachilas dargebracht wird
WIPHALA
Die Fahne der Andenvölker, quadratisch, bunt, in den Farben des Regenbogens in Form von kleinen Quadraten bemalt
SAWU
Webrahmen