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von 23. Januar 2023

Auf Erkundungstour im Parque Quizapú


Parque Quizapú – Hola, liebe TrekkingChile-Freunde! Ich bin Freddi, 25, komme aus Berlin und habe dort Geotechnologie studiert. Weil ich das Studium mittlerweile abgeschlossen habe und sowohl Trekking als auch Chile sehr mag, bin ich ziemlich zufällig auf TrekkingChile gestoßen, bald darauf in der Casa Chueca in Talca gelandet und arbeite nun dort als Praktikant. Mit Franz und einigen anderen Mitarbeitern der Fundación durfte ich vergangene Woche Teil einer einwöchigen Tour durch den Parque Quizapú sein. Ziel war es, den Park auszukundschaften, alte und neue Wege zu begehen und sich ein Bild von der Flora und Fauna des über 2000 Hektar großen Areals zu machen. Zudem wollten wir dem Namensgeber des Parks, dem Vulkankrater Quizapú, einen Besuch abstatten. Während der gesamten Tour habe ich täglich ein kleines Tagebuch geführt, um die zahlreichen Eindrücke festzuhalten. Viel Spaß beim Lesen!

Freddi Dunkel


Tag 1 – Auf zum Parque Quizapú!

5:15h Gehzeit, 18 km Distanz, 530 Höhenmeter

Es werden wieder Wanderschuhe geschnürt! Diesmal nicht alleine, sondern im großen Stil mit einigen TrekkingChile-Mitarbeitern, zwei Arrieros und acht Pferden. Geplant ist die Tour 7 bis 8 Tage im Gebiet um den Vulkankrater Quizapú und damit auch im 2018 erworbenen TrekkingChile-Naturpark, den bisher nur eine Handvoll Menschen zu Gesicht bekommen haben. Der Parque Quizapú befindet sich in der Region del Maule.

Erst mal zu den Mitreisenden:
Mit mir zu Fuß gehen Franz (TrekkingChile-Vorsitzender, österreichischer Honorarkonsul in Chile) und Daniel (WikingerReisen-Chef, Mäzen des Parks).
Zudem zu Pferde unterwegs sind: Frank Holl (ehemaliger Casa Chueca-Mitarbeiter, seit 13 Jahren selbstständiger Guide mit 1-Mann-Agentur), Oriel (das Schweizer Taschenmesser der Fundación), Mauricio (Biologe-Professor), Victor (bildete jahrelang Guides und Tourenführer aus) und die Arrieros Pancho #1 und Pancho #2 (sie heißen beide Francisco). Pancho #1 arbeitet bereits seit über 25 Jahren mit Franz zusammen und hat im Voraus der Tour die Wege erkundet und begehbar gemacht. Damit sind wir ein nettes Trüppchen, was die nächsten Tage den Park erkunden wird. Viele Leute waren vor uns wohl nicht da, immerhin gibt es keine Straße dort – aber der Park grenzt an die anderen Naturparks Trincahue und Altos de Lircay.

Von letzterem ging’s dann auch los, morgens um 9 Uhr am 13.01.2023. Ziel ist erstmal ein Mirador (Aussichtspunkt) gewesen, wo wir von Frank mit Sandwiches versorgt wurden, danach ging es in Richtung Valle Venado. Nicht viele Höhenmeter, eher bergab und insgesamt knapp 20 km bis ins Tal hinein, an Baum und Bach vorbei und zwei mal in Sandalen durch den Rio Claro – bis zu einem kleinen Sandstrand am Fluss. Etwa 100 Meter vom gewählten Rastplatz entfernt mündet der Rio Planquillo in den Rio Claro und dahinter… beginnt auch schon der Park! 
Wir zelteten also direkt gegenüber des gekauften Geländes, was schon aus der Ferne wild aussieht – ein von einem breiten Lavastrom durchzogenes Gebiet mit gleichermaßen Berg und Tal, Fels und Vegetation. Da geht es morgen dann also rein und wir lauschen bis dahin dem Rauschen des Flusses und dem Meckern der Trincahues (Zwergpapageien)… 

Tag 2 – Las Cascadas sin nombre

6:00h Gehzeit, 17 km Distanz, 575 Höhenmeter

Ich habe meine Probleme mit frühem Aufstehen, weshalb aus 6:00 eher 6:45 Uhr und der Morgen weniger entspannt war, weil ich mein Zelt ziemlich fix zusammenräumen musste. Um 8 Uhr zog es uns dann in den Parque Quizapú – zu Fuß durch den Rio Blanquillo, dann waren wir auf Quizapú-Gelände. Und ab hier war das Gebiet scheinbar für alle neu, außer für Pancho #1, der sowieso jeden Pfad kennt. Erstes Ziel war es, Los Quadros – ein riesiges Lava-Feld vom großen Quizapú-Ausbruch 1932 – zu überqueren und dann den weiteren Teil des Parks zu erkunden. Ersteres war kein Problem, da die Wege wirklich gut waren (und Pancho wusste, wo es lang ging). Wir kamen an kleinen Tümpeln und Bächen mitten im Lavafeld, staubigen Ebenen und ziemlich felsigem Terrain entlang, bis wir ein kleines Gatter passierten und kurz darauf auf der anderen Seite der erstarrten Lava waren. 


Mittagessen gab es dann ein paar hundert Meter weiter, zumindest für einen Teil der Gruppe: Franz wollte erst einmal etwas nachprüfen, was er vorher in Google Earth erahnt hatte. Letztendlich waren wir final alle dort – an einem ziemlich wilden Wasserfall eines nur als Estorito bekannten Baches, ca. 40-50 Meter hoch, in einen Canyon und in den Rio Claro hinein. Auf jeden Fall ein spezieller und vermutlich bisher umbenannter Ort, weshalb gleich die Namensfindung startete. Eventuell werden es die Cascadas Quizapú, um mit den entstandenen Bildern auch den Park bewerben zu können. 


Danach ging es weiter (mehr oder weniger) bergab durch Gestrüpp den Fluss entlang, den wir dann auch zu Pferd noch zwei mal queren mussten, um noch mehr Kratzer und zerrissene Kleidungsstücke zu vermeiden. Nach ca. 17 Kilometern waren wir dann an einer Lichtung nahe eines Baches, die unser Nachtlager sein sollte. Ein kaltes Bad im Bach, sowie Hühnchen mit Reis später war es Zeit für Nachtruhe und manche Mitreisende schnarchten bald um die Wette.

 Tag 3 – Der Höhenweg

5:00h Gehzeit, 13 km Distanz, 910 Höhenmeter

Wir starteten früher als gestern, fanden aber als Wanderer den Weg nicht, den Pancho vorbereitet hatte. Also mussten wir auf den Pferde-Trupp warten, der vorlief und uns den Pfad markierte. Und der Weg hatte es in sich – erst ca. 600 Höhenmeter bergauf, dann standen wir an einem Grat und hatten nahezu alle 2040 Hektar des Parks im Blick: Ein bisschen Wald, Steppe, Berg und kalte Lava in bunter Mischung. Hier machten wir ein Gruppenbild und kämpften uns danach weiter durch Gestrüpp, bis wir nach der Mittagspause wieder auf den Weg von gestern stießen und zurück Richtung Wasserfall und noch ein bisschen weiter liefen.


Unser Camp wollten wir dort aufbauen, wo sich morgen die Wege trennen sollen – an der Weggabelung einerseits Richtung Quizapú-Krater und andererseits zurück Richtung Altos de Lircay. Das Ergebnis der Planung war erst mal ein Camp nahe des Flusses, was zunächst aufgrund von vielen Steinen und noch mehr Ameisen allerdings etwas problematisch war. Letztendlich fanden wir alle aber doch einen Platz und ein Bad und leerten gemütlich den Wein, den Frank die ganze Zeit im Gepäck hatte.

Tag 4 – Laguna del Caracol

5:00h Gehzeit, 12 km Distanz, 970 Höhenmeter

Heute früh teilten sich die Gruppen: Während Oriel, Victor, Maurizio und Franky mit Pancho #2 zurückritten zum Startpunkt der Reise und danach nach Hause, ging für Franz, Daniel und mich das Abenteuer erst so richtig los. Zusammen mit Pancho #1 und drei Pferden liefen wir los in Richtung Quizapú-Vulkankrater, dem Namensgeber des neuen Naturparks. Es ging los über weniger sicheres Geröll, dann ein enges Tal zwischen Berg und Lavastrom entlang und dabei langsam, aber sicher bergauf. Bereits am Anfang verließen wir damit auch das gekaufte Areal, aber das dahinter liegende Grundstück mit wilden Tälern, vielen Bächen und Bergen bis zu 2700 Metern Höhe war ebenso eindrucksvoll.

Unser Weg wurde immer schroffer und enger, irgendwann endete der Anstieg und wir stapften durch lockeres Vulkangestein – mit Blick auf den riesigen Cerro Azul. Eine komplett andere Welt war es dann erst recht, als aus dem Nichts eine große Lagune vor uns auftauchte und man nach und nach weitere Vulkane sehen konnte: Unser Ziel, den Quizapú-Krater an der Flanke des Azul, einzelne Schlackenkegel, zu unserer Rechten den unscheinbaren Kraterberg La Resolana und mehr oder weniger hinter uns der markante Descabezado Grande mit seinen ca. 3800 Metern. Unser Camp schlugen wir am Seeufer auf und beschlossen, morgens um 7 Uhr mit dem Sturm auf den Quizapú zu beginnen.

 
Weil noch Zeit war (es war gerade mal 16 Uhr, als wir alles aufgebaut hatten), ging ich noch mal alleine los und wanderte auf einen kleinen Gipfel auf der anderen Seeseite, nahe des La Resolana. Von da aus hatte man nochmals einen besseren Blick auf die Szenerie und mir ging das Geo-Herz endgültig auf. Dann ging es wieder bergab, auch wenn ich von dort problemlos noch auf den La Resolana hätte gehen können, aber das Abendessen rief und morgen wird es ja bekanntlich ernst. Also runter, wieder um den See und dann gab es Fertig-Kartoffelbrei als Kraftfutter für den Folgetag. Nur früh ins Bett kam ich nicht – Pancho bot mir eine Mate an und dann quatschten wir noch ein Stündchen am Feuer.

Tag 5 – Quizapú-Krater und Cerro Azul

8:00h Gehzeit, 25 km Distanz, 1900 Höhenmeter

Die Nacht war verdammt kalt und ich fror ordentlich, sodass ich nachts meine ganzen Thermo-Sachen anziehen musste. Der Morgen, ein warmer Kaffee und etwas Bewegung kamen also ganz gelegen. Um 7:15 Uhr schafften wir es, an der Lagune aufzubrechen und stiegen im Schatten des Cerro Azul über Dünen aus Geröll, Tuff und alten und Lavaströmen bergauf. Einen Weg suchten wir uns selbst, auch wenn manchmal eine alte Spur dabei half. Und so ging es höher und höher in eine Scharte zwischen Quizapú und Azul hinein, der Wind pfiff und wir mussten alle Naselang die Kleidung den Umständen anpassen. Um 11 Uhr waren wir fast oben auf über 3100 m, stärkten uns ein wenig und dann ging es das letzte Stück bis auf 3280 m Höhe und zum Kraterrand (natürlich) über Schutt und Asche. Wir starrten anschließend in den ziemlich tiefen und eindrucksvollen Krater, machten Fotos, genossen den Blick auf den Descabezado und die umliegenden Berge und schlenderten durch die vulkanische Mondlandschaft. 


Aber es war ja erst 12 Uhr – also beschloss ich, alleine den Aufstieg zum Azul (3781 m) noch auszuprobieren. Zurück zur Scharte, dann ein ziemlich steiles Geröllfeld gegenüber bergauf. Nach 150 ziemlich harten Höhenmetern ging es dann recht einfach weiter bis auf 3600 m Höhe, wo noch ein paar Schneefelder lagen. Um die kam ich zwar herum, aber die zwei möglichen Aufstiegsgrate auf die ziemlich schroffe Spitze des Azul waren mir bei dem pfeifenden Wind da oben dann zu riskant. Also drehte ich bei 3650 Meter Höhe um, ca. 130 Meter unterhalb des Gipfels. 

Von Vulkanen herunterzukommen ist eigentlich recht einfach – man rutscht einfach bergab. Also war ich recht fix wieder unterhalb der Scharte, zog den Rückweg noch ein bisschen in die Länge und guckte mir einen Schlackenkegel und aus der Ferne einen weiteren Krater an, bevor es zurückging zum See und Zelt. Insgesamt standen damit heute 25 Kilometer und knapp 1900 Höhenmeter auf dem Tacho – der mit Abstand längste Tag der Tour, aber von Erschöpfung nur wenig Spur, stattdessen ziemlich gute Laune zum Abendessen nach einem Tag der Highlights. Ich denke, nach 5 Tagen Frischluft haben wir uns alle an die Strapazen von Wandern und Zelten gewöhnt.

Tag 6 – Abstieg ins Valle Venado

5:00h Gehzeit, 18 km Distanz, 420 Höhenmeter

Rückweg, here we go! Von der wunderbaren Lagune aus stiegen wir ein bisschen auf und kreuzten dann den riesigen Lavastrom, der das ganze Gebiet westlich des Quizapú in zwei Teile trennt. Eine unwirkliche Landschaft, die irgendwie an Wüste erinnert – tatsächlich auch mit einer kleinen Oase inmitten der ganzen Felsen, wo wir unser Wasser auffüllen konnten. Danach ging es noch mal ein kleines bisschen bergauf und wir blickten auf eine grüne Alm voller Ziegen und Kühe, die hinter dem Lavastrom lag. Hier (Los Termas am Fuß des Descabezado) gab es kreisende Kondore, lauwarme Quellen und tatsächlich einen Menschen – der erste Fremde seit Tag 1 der Tour – der sich um die Tiere kümmerte und wohl ganz froh darüber war, mit Pancho eine Mate trinken zu können und sich über den Puma zu beschweren, der wohl öfter mal eine seiner 1000 Ziegen erlegt. 


Wir rasteten auch, testeten die Wärme der Quellen und machten uns dann an den langen Abstieg. Immer am Rio Blanquillo entlang und einmal mitten hindurch, dann an der gleichnamigen Lagune vorbei und schließlich durch ein karges und enges Tal zwischen Lavastrom und Berg weiter bergab. Hier begegneten uns tatsächlich zwei chilenische Touristen, die scheinbar auf dem Condor Cirquit unterwegs waren. Dieser 5-8 Tages-Trek ist einer der bekanntesten in Chile und eine Schöpfung Franz Schubert und Pancho dem Arriero.

Passend dazu zerbrachen wir uns die Köpfe, wie man denn den geplanten, für geführte Gruppen begehbaren 5-Tages-Trek durch den neuen Parque Quizapú nennen könnte. Es wird vermutlich der naheliegende, aber prägnante Name „Quizapú-Trek“. Dieser wird, in etwas vereinfachter Form, auf unseren Spuren wandeln und voraussichtlich ab nächster Saison angeboten werden. Grundvoraussetzungen sind dann ausgebildete Guides und/oder Arrieros als Begleitung, um die Natur weiterhin so unberührt zu lassen wie bisher.

 
Irgendwann kamen wir auf unserem steinigen Weg bergab auch wieder an Bäumen und Sträucher voller Maki-Beeren vorbei und damit wurde es langsam wieder grüner. Bald standen wir im Valle Venado, wo es tatsächlich ein Haus und ein paar Menschen gibt, die sich um Pferde und Vieh kümmern. Pancho führte uns zu einem netten Plätzchen nahe eines Baches, wo wir die Zelte aufschlugen, unser letztes Abendmahl (und auch die letzte übrige Ration Nudeln) aßen und meine beiden Mitwanderer ihre weiteren Quizapú-Zukunftspläne schmiedeten.

Tag 7 – Die letzten Kilometer

5:15h Gehzeit, 21 km Distanz, 875 Höhenmeter

Der letzte Tag der Tour! Wir hatten noch etwas über 20 Kilometer vor uns, knapp 900 Höhenmeter zu bewältigen und mussten spätestens um 16:30 Uhr den Park Altos de Lircay verlassen. Eigentlich ist 16:30 Uhr Ladenschluss meiner Meinung nach eine Frechheit für einen offiziellen Naturpark, in dem mehrtägige Wanderungen möglich sind (bzw. sein sollten), aber das nur am Rande. Wir stiefelten zeitig (7:45 Uhr) am Valle Venado los und waren schon bald auf bekannten Terrain, d.h. unserem Weg vom ersten Tag. Wir kreuzten viele kleine Bäche und noch ein letztes mal den Rio Claro, kämpfen uns dann den Anstieg zum Mirador Valle Venado hoch (wo wir am ersten Tag schon zu Mittag gegessen hatten) und dann war auch schon der schwere Teil überwunden. Je näher wir Altos de Lircay und Vilches kamen, umso ungewohnt belebter wurde die Umgebung. Pfadfinder, Eintagswanderer, Fotografen: Alle waren im Park unterwegs und kamen uns entgegen.

 
Wir brachten die letzten Kilometer hinter uns, verließen Altos de Lircay und “feierten” unsere 120 – 130 Kilometer, 6000+ Höhenmeter und 7 Tage Trekking – erst mit einem Churrasco im nahe gelegenen Laden, dann mit Eis und Kaffee bei Marion in Vilches (ehemalige Casa Chueca-Praktikantin) und schließlich mit einer Dusche und dem einen oder anderen kalten Getränk in der Casa Chueca. Schön war’s!