abfällen von berghütten
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von 22. Februar 2021

Vermeidung von Abfällen auf Berghütten


Abfällen auf Berghütten – Auch die Berghütten in Chile sind eingebettet in sensible Ökosysteme, deren Resilienz aufgrund der geographischen Lage oft gering ist (Höhenlage, Klima, Boden, Exposition, Fauna, Flora,). Vor diesem Hintergrund sollte der Eintrag (Input) und der Austrag von festen, flüssigen und gasförmigen Stoffen in die umgebende Landschaft auf ein Mindestmaß reduziert werden.

Dr. Alfons Grooterhorst

Geboren am Niederrhein im Westen Deutschlands, hat mehr als 25 Jahre Erfahrung als Projektleiter, Projektmanager, Berater und Trainer in Deutschland und über 20 Ländern der Erde. Er ist vertraut mit allen wichtigen technischen Elementen und Verfahren der Abfallwirtschaft. In seinem Arbeitsfeld liegen die Erfassung der Ist-Situation, Soll-/Ist-Vergleichen, der sozioökonomischen Analyse von Projekten, Entwicklung technischer, organisatorischer Varianten und finanzieller Optionen, der Budget-, Zeit- und Maßnahmenplanung, der Teamleitung und der Erstellung aller Arten von Berichten.


Abtransport von Abfällen auf Berghütten ins Tal

Ein möglicher Indikator wäre, dass mindestens 90% der anfallenden Abfälle durch die Wanderer selbst oder durch den Hüttenbetreiber gemischt oder bereits vorsortiert zurück ins Tal gelangen und dort dem vorhandenen abfallwirtschaftlichen System zugeführt werden (in Chile meist Deponie).

Bewirtschaftete oder unbewirtschaftete Hütten

Wenn man die Berghütten als abfallwirtschaftliches System betrachtet (vgl. Abbildung unten), so bringen die Gäste und ihr Bergführer (guide) bei Ihrer Anreise Verbrauchsgüter im Gepäck mit (meist Lebensmittel + Verpackung). Bei bewirtschafteten Hütten (mit Küche) kommen Produkte, die der Betreiber mit Fahrzeugen und Lasttieren herantransportiert, dazu. Die Gruppen (meist zwischen 5 und 10 Wanderern) erreichen die jeweilige Berghütte entweder vom Startpunkt oder von einer vorherigen Hütte, bringen also ggf. zusätzlich gesammelten Abfall mit. Die Hütten werden entweder durch einen Hüttenwirt bewirtschaftet oder sind unbewirtschaftet, so dass sich die Wandergruppe selbst einrichten und versorgen muss. Nach Verbrauch der Produkte, muss der Abfall entweder von den Wanderern mitgenommen werden (unbewirtschaftete Hütte, keine Zufahrt) oder der Betreiber muss die Abfälle ins Tal mitnehmen und dort dem vorhandenen Abfallwirtschaftssystem zuführen (Vermeidung, Sammlung, Transport, Behandlung, Deponierung).

Abfallmengen

Unabhängig von den allgemeinen Rahmenbedingungen muss beim Betrieb einer Hütte, ähnlich wie bei Touristen in einem Hotel, mit einer bestimmten Abfallmenge pro Tag bzw. Übernachtung gerechnet werden. Überschlägig kann von einer Menge zwischen 0,3 kg/Übernachtung und Gast bis 1,5 kg/Übernachtung und Gast gerechnet werden.

Der untere Wert kann für unbewirtschaftete Hütten ohne Zufahrt, der obere Wert für bewirtschaftete Hütten mit Zufahrt als erster Näherungswert aus dem Tourismus angenommen werden. Geht man 0,3 – 1,5 kg Abfall/Übernachtung x Gast, eine mittlere Gruppengröße (inkl. Guide) von 10 Personen und eine Auslastung einer Hütte von 180 Tagen/Jahr (ca. 25 Wochen/a) aus, dann ergibt sich daraus allein für eine Hütte eine Abfallmenge von ca. 540 kg/a und 2.700 kg/a (≙ 2,0 t/a). Geht man von einer mittleren Transportdichte des Abfalls von 0,40 kg/L aus (nach Verdichtung), dann ergeben Gesamtvolumina von 1,350 m³/a bzw. 6,750 m³/a.

Dies würde wiederum einem wöchentlichen Transportmenge von ca. 20kg/Woche bis 108 kg/Woche oder bezogen auf Volumen von 50 L/Woche bis 270 L/Woche entsprechen (ca. 25 Wochen/a). Alle abfallwirtschaftlichen Aktivitäten müssten auf diesen Mengenbereich abgestimmt werden. Schon an diesen überschlägigen Berechnungen wird klar, dass dies insbesondere für Hütten ohne Zufahrt und Bewirtschaftung eine große Herausforderung darstellt, sofern die Abfälle nicht bei der Berghütte deponiert oder verbrannt werden sollen (zusätzliche Gefahr der Verwehung durch Windtransport, vor allem Plastik und Papier).

Zusammensetzung von Abfällen auf Berghütten

Bezüglich der Abfallzusammensetzung muss mit etwa 10 Fraktionen gerechnet werden, wovon die Organik sowie Plastik und Papier mit jeweils etwa 30-50% den größten Mengenanteil ausmachen werden (ökologisches und ästhetisches Schadpotential). Besonderes Augenmerk muss auch auf die Sonderabfälle (hazardous waste) gelegt werden, da diese aufgrund ihrer Stoffzusammensetzung einen Berghüttenstandort langfristig besonders schädigen können (Schwermetalle, organische Schadstoffe).

Zu erwartende Abfallfraktionen:

  1. Organik 1 – Pflanzenabfälle (Küchenbetrieb),
  2. Organik 2 – Speisereste (inkl. Fette aus Küchenbetrieb),
  3. Papier/Pappe,
  4. Plastik (verschiedene Sorten)
  5. Glas (verschiedene Sorten)
  6. Textilien (verschiedene Materialien),
  7. Leder,
  8. Gummi,
  9. Inerte Abfälle (inkl. Aschen bei Ofenbetrieb mit Holz oder Dung)
  10. Sonderabfälle (z.B. Batterien, kleine Elektrogeräte, Medikamente)

Zurzeit liegen für den Hüttenbetrieb in den chilenischen Anden keine abfallwirtschaftlichen Kennzahlen bezgl. Abfallmenge pro Gast und Abfallzusammensetzung vor.

Lösungsansätze

Entsprechend der obigen Gliederung nach bewirtschaftet/unbewirtschaftet sowie mit Zufahrt/ohne Zufahrt müssen für eine nachhaltige Lösung der abfallwirtschaftlichen Probleme unterschieden werden:

1. Unbewirtschaftet und/oder keine Zufahrt:

  • Abfallarmer Rucksack (Produktmenge),
  • Schadstoffarmer Rucksack (Produktart, Verpackung, Zusammensetzung),
  • Schulung der Bergführer,
  • Einweisung der Gäste zu Beginn und während der Wanderung durch den Bergführer, ggf. mit Lehrmaterialien (Vermüllung der Wanderstrecke und Hüttenumgebung während der Wanderung vermeiden, Hinweissystem auf die Abfallentsorgungsmöglichkeiten in der Hütte; Mahlzeiten nur in oder an der Hütte etc.),
  • Abfallentsorgung vor Ort (Prüfung, ob ggf. Teilverbrennung akzeptabel),
  • Dezentrale Kompostierungsmöglichkeit für Organik 1 (Komposter; Witterungsbedingungen beachten),
  • Schaffung von Entsorgungsmöglichkeiten im Tal nach Rückkehr oder zwischendurch auf bewirtschafteter Hütte (siehe b.).

2. Bewirtschaftet mit Zufahrt (Fahrzeug oder Lasttiere):

  • Schadstoffarmer Rucksack (Produktart, Verpackung, Zusammensetzung),
  • Schulung der Bergführer,
  • Einweisung der Teilnehmer am Beginn und während der Wanderung durch den Bergführer, ggf. mit Lehrmaterialien (z.B. Mahlzeiten in oder an der Hütte; Vermüllung der Hüttenumgebung vermeiden),
  • Vorsortierung der Abfälle nach Fraktionen in und an der Hütte,
  • Lagerungsmöglichkeit der Abfallfraktionen in entsprechenden Abfallbehältern (Talfahrt; bei Lasttieren ggf. Modifikation),
  • Abfallentsorgung vor Ort (Prüfung ob ggf. Teilverbrennung akzeptabel),
  • Dezentrale Kompostierungsmöglichkeit (Komposter; Witterungsbedingungen beachten),
  • Schaffung von Entsorgungsmöglichkeiten im Tal nach Rückkehr oder zwischendurch auf bewirtschafteter Hütte (siehe b.).

Methodik

Lösungen und Vorgehensweise:

  1. Bewegungsprofile der Mitglieder einer Wandergruppe in der Hüttenumgebung beispielhaft analysieren (Vermüllung der Hüttenumgebung erkennen und damit Verwehung/Ferntransport von Abfällen in die weitere Umgebung vermeiden),
  2. Idealzusammensetzung eines „abfallarmen Rucksacks“,
  3. Schulungsmodul „Abfall“ für die Bergführer,
  4. Lehr/Einweisungsmaterialien für die Teilnehmer der Wanderungen,
  5. Schulung der Hüttenbetreiber (abfallarmer Einkauf, verpackungsarmer Transport, Sammlung, Sortierung, Lagerung, Transport, Entsorgung im Tal),
  6. Abfallsortierung in der Hütte (Fraktionen klären; Lösung für Sonderabfälle inkl. Fette aus der Küche klären, Verfütterung prüfen),
  7. Falls klimatisch und logistisch möglich: Kompostierung (isolierte Komposter, Vergärung, Schnittstelle Abwasser/Energieversorgung prüfen),
  8. Anbindung der rückkehrenden Wandergruppen an die lokale Infrastruktur der Abfallentsorgung.
  9. Anbindung der bewirtschafteten Hütte an die lokale Infrastruktur der Abfallentsorgung.
  10. Abschätzung der Kosten für die Hüttenbetreiber (Personal, Behälter, Transport, Entsorgung).

Analysen und Untersuchungen

Diese Analysen und Untersuchungen sollten über einen Zeitraum von zwei Jahren an 2 Hütten (bewirtschaftet und unbewirtschaftet) durchgeführt werden. Der Abfallwirtschaftsteil sollte von einem internationalen und chilenischen Abfallexperten begleitet werden. Dabei kann mit folgendem Zeitaufwand für allen Projektarbeiten gerechnet werden:

  1. Internationaler Abfallexperte (Abfallberatung, Methodik, beispielhafte Überwachung der Analysen vor Ort, Berichtsteil Abfall): insgesamt ca. 50 AT (2 Jahre x 25 AT/Jahr),
  2. Nationaler Abfallexperte: (Vorbereitung/Koordinierung der Analysen vor Ort, Berichtsteil Abfall, ca. 200 AT (2 Jahre x 100 AT/Jahr),
  3. Zwei Hilfskräfte ca. 400 AT (Transport von Materialien im Gelände und vor Ort, Abfallanalyse: 2 Hilfskräfte x 2 Jahre x 200 Tage/Jahr).

Der hier vorgestellte Teil „Abfallwirtschaft“ wird mit den anderen Teilen des Projektes (Wasser/Abwasser, Energie, Ökologie, Sozio-Ökonomie, Kosten etc.) über geeignete Schnittstellen inhaltlich, technisch und organisatorisch verbunden, so dass sich insgesamt daraus ein nachhaltiger Berghüttenbetrieb herleiten lässt.