mann am berg
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von 6. Februar 2018

Bergsteigen in Argentinien- das Ansilta Gebirge


Vorbereitung und Anreise

Wie so viele Jahre zuvor wartete ich mal wieder auf Daniel, am Flughafen in Santiago de Chile. Mindestens einmal pro Jahr treffen wir uns hier in Südamerika und gehen auf die Suche nach weißen Flecken auf der Landkarte, die wir mit unseren eigenen Farben füllen können. Diesmal geht es zum Bergsteigen in Argentinien. Es ist mal wieder soweit, KL 701 landet pünktlich aus Amsterdam kommend um 11.05. Kurz darauf landet der Papst.

Über den Paso de Libertadores erreichen wir das argentinische Skigebiet Penitentes in nur 5 h wobei wir 2 h davon an der überfüllten Grenze warten mussten. Einen guten Überblick des Gebietes kann man sich mit der Adenture Map Centralchile &Argentinien verschaffen. Als Navi für das Auto klappt das dann gut mit MapsMe. Argentinische Gläubige machen sich zu tausenden über die Grenze auf den Weg, um den Papst in Santiago de Chile huldigen zu können. Schließlich ist es ja ihr Papst.

Auf den Tag genau vor acht Jahren checkten wir in das gleiche Hotel ein, dem Hotel Ayelen. Damals kamen wir vom Cordon de Plata und gingen weiter auf den Aconcagua. Die Zimmer sind gleichgeblieben aber das Essen, das Essen ist um Ecken besser geworden, wenn man bedenkt wo wir uns befinden. Wir treffen uns schon heute mit den Gauchos die uns morgen unsere Rucksäcke ins Camp auf 3200 m bringen sollen. Der Abend lässt sich sehr argentinisch an, zwar nicht mit Tango aber mit einem saftigen Bife Chorizo und einer obligatorischen Flasche Malbec. Oder waren es zwei?

Akklimatisierung mit Trekking auf den Cerro Penitentes, 4350 m

Nur wenige Kilometer vom Hotel entfernt öffnet sich südlich der Straße der Blick in das Vargas Tal. Der Blick auf unser Ziel, dem zackigen Gebirgsschloss vor uns, überzeugt durch grandiose Landschaft. Am Fuße des 4000er reihen sich Erosionsfelsen aneinander wie Tannbäume in Alpenwäldern. Unsere Rucksäcke verlieren außer Sicht sich im Staub der Mulis auf den Weg zum Camp. Wir wandern schon am zweiten Tag unserer Ankunft in Südamerika der Stille entgegen. Kein Verkehr. Keine Menschen. Man hört das Summen im Kopf und den starken Atem der uns sagt endlich wieder unterwegs zu sein. Das Tal verengt sich, ein schwarz-weißer Adler hat die gleich Route gewählt und gleitet das Tal hinauf. Es sind nur etwa 3 h bis zur Schutzhütte Grajales. Optisch vielleicht kein Vergnügen aber man kann sich gut vorstellen hier bei Schlechtwetter froh zu sein über die gemauerte Wände und dem sturmsicheren Dach. Wir hingegen freuen uns mal wieder runter kommen zu dürfen, unser Zelt zu errichten, die Liegematte auszurollen und den Schlafsack auszuschütteln. Das Zelt hat einen eindeutigen und unverwechselbaren Geruch, genauso wie ein Haus.

Cerro Penitentes, der Aussichtsberg

Die technisch unschwierige Route auf den Cerro Penitentes führt in Serpentinen den steilen Hang hinauf. Schon nach einer Stunde zeigt er sich, der höchste Berg Amerikas, der Cerro Aconcagua. Von Schritt zu Schritt wächst sein Kopf über das umliegende Gipfelmeer hinaus und macht seiner 6962 m alle Ehre. Am Gipfelkreuz wählt patriotisch die argentinische Fahne, unter uns das endlose Mendozatal und in uns das Gefühl der Natur ganz nah zu sein. Es kann keinen schöneren Aussichtsberg auf den Aconcagua geben, die prachtvolle Südwand mit seiner eisgepanzerten flanke beeindruckt von hier aus mehr als von der Plaza Francia.  Zudem sparen wir uns ein eine Menge Geld für das Trekkingpermit und sind fast alleine unterwegs.

Auf nach Barreal

Vor einigen Jahren „entdeckten“ wir das kleine Örtchen Barreal. Die Lage zwischen dem bunten Erosionsgebirge im Osten und den verschneiten Fünf – und Sechstausendern im Westen bieten Touren für viele Wochen. Weingüter, Observatorien und echt tolle Unterkünfte runden das Gesamtbild ab. Uns saut es erstmal so richtig ein, zwei Tage teils schwere Gewitter verurteilen uns zu Steaks und Wein. Die Sonnenlücken stopfen wir mit kleinen Wanderungen im Nationalpark El Leoncito und einer Tour im Windcar voll. Das Windcar lenkt man wie ein Auto wird aber über ein Segel angetrieben. Die besten Winde kommen erst gegen frühen Abend auf. Wir flitzten mit gut 50 km/h über die Tonpfanne außerhalb des Ortes, rund um blitzte es aus den dunklen Gewitterwolken und in den Bergen tobte der Schneesturm, ein Bild für Götter. Ich sage nur eines, sollten Ihr mal nach Barreal kommen, vergesst diese Zeilen nicht und macht das. Fahrt da nicht einfach nur durch.

 

Ansilta 4

Ich lebe seit 1993 in Chile und bin beruflich Wanderer. Meine Freizeit nutze ich meist ebenfalls für Touren, meist in Südamerika. Als wir vor Jahren im Herbst zum ersten Mal die Ansiltagruppe sahen, sendete ich ein Foto an Freund Daniel mit den Worten: Da müssen wir hin.

Jetzt sind wir hier, gut akklimatisiert und endlich kann es passieren, wir besteigen den Ansilta 4.

Schon vor Monaten begannen die Vorbereitungen und die ersten Enttäuschungen. Der Nachteil wenig bekannte Berge zu besteigen liegt in der fehlenden Information zur Route auf den Ansilta 4. Wir bekamen noch nicht mal Anfahrtsbeschreibungen, wussten nur, dass mehrere Pisten zu den 7 verschiedenen Ansiltagipfeln gibt. Die Berge haben noch nicht mal Namen, sie sind nur durchnummeriert. Wir entschieden uns bei unserem ersten Besuch für ein leichtes Bergziel, die Nummer 4 aber wie zum Teufel kommen wir da hin. Wir schlossen uns im Vorfeld mit einer Gruppe Argentinier zusammen, mit dem gleichen Ziel. Mit dem Allrad ging es dann ohne Probleme auf schlechten Pisten in 3 h nach Morillos. Hier ragen auf 2850 m zwei Felsklötze aus der sonst eher flachen Landschaft. Spuren führen hoch zum südlichen Morro Chato, hier finden sich mehrere Höhlen mit Felszeichnungen welche von 6000 Jahren von den namensgebenden Ansilta Indigenos hinterlassen wurden. In den Schutthalden vor den Höhlen finden sich Pfeilspitzen und Werkzeuge aus Stein die zu deren Herstellung verwendet wurden. Man darf hier ruhig anmerken, dass Argentinien absolut keinen Spaß versteht damit erwischt zu werden und Geldstrafe das kleinere Übel wäre. Lasst das bloß mal liegen. Vor allem sind wir ja hier uns den Bergen zu widmen also marschieren wir mal hoch ins Camp 1. Der Rucksack ist für 7 Tage gedacht, wiegt aber weniger als befürchtet. Zu einem liegt das daran diesmal mit gefriergetrockneter Nahrung unterwegs zu sein und zum anderen bringt uns ein Gaucho das Zelt hoch bis ins Camp 2, satte 3,5 kg weniger für das VE 25 von Northface.

Vom Camp aus blicken wir mal direkt auf den Ansilta 3 mit seinem verschneiten Südhang. Unser Ziel zeigt gerade mal sein kleines Köpfchen. Ohne GPS Daten oder ortskundigen Leuten würde man kaum das Camp finden. Es gibt kaum Wege, das meiste führt durch typische Punalandschaft mit verholztem Gebüsch und stacheligen Gräsern. Guanakos wiehern von weitem und die ersten Kondore ziehen Kreise über unsere Köpfe.

Gipfeltag Ansilta 4

Unsere argentinischen Freunde nahmen sich im Vorfeld keine Zeit, um sich an die Höhe anzupassen, das zeigte sich mit jeder Minute. Daniel würde bei diesem Tempo seinen Rückflug verpassen. Somit trennten sich unsere Wege, wir ließen das Camp 2 rechts liegen und stiegen gleich weiter ins Camp 3 auf über 4000 m. Nachmittags gab es sogar fließend Wasser welches als kleines Rinnsal dem Büssereisfeld entspringt, ein wahres Luxuscamp. Die Gipfeltour am nächsten Tag zeigte sich jetzt im Hochsommer als schneefrei, so starteten wir den Aufstieg erst um 5.30 morgens. Schon eine halbe Stunde später zeigten sich die ersten wärmenden Sonnenstrahlen und meine Canon 760 D tobte sich zunächst mal aus. Auf 4800 m erstreckt sich der Sattel zischen dem Ansilta 3 und 4. Der anschließende und schweißtreibende Gipfelsturm folgt über Geröll und Fels den Nordgrat. Der Ausblick von den 5 130 m über das umliegende Gipfelmeer ist einfach zum Weckträumen und verlangt nach mehr. Ziele gibt es hier wie Sand am Meer aber zunächst geht es erstmal zurück, an einem 12 h Tag gleich alles bis ins Camp 1. In Barreal wartet ein tolles Hotel und feines Essen. Wenn der Esel mal den Stall riecht, gibt es kein Halten mehr.